Seite 10 | November 2017 |
echt L i fe
Die gerade eben stattfindenden
(partei-)politischen
Positions-
kämpfe um die Spitzenpositionen
in der Steiermärkischen Gebiets-
krankenkasse legen es offen: Der
brav in das Kassensystem einzah-
lende Mensch ist eigentlich nur
dessen Spielball. Auf die Frage,
wie es in nur wenigen Jahren
möglich war, einen Abgang von
mehr als 500 Mio Euro in einen
dreistelligen Millionen-Gewinn
umzudrehen, sagt Spitalslandes-
rat Christopher Drexler, dass er
sich wundere. Und: „Man muss
manchmal vor allem die Steier-
märkische GKK darauf hinwei-
sen, dass sie eine Krankenkasse
und keine Sparkasse ist“.
An den
Stellschrauben drehen
Das ist aber nur eine, wenn auch
markante Beobachtung, die dem
normalen Beitragszahler sau-
er aufstößt. Die aktuell in Gang
gebrachte Spitalsreform sorgt
bei vielen Menschen für Verun-
sicherung, Ärzte üben sich teils
in Kopfschütteln.
Bernd Bauer
,
langjähriger Primar im LKH
Hörgas: „Unser Gesundheitssys-
tem ist nicht sehr krank, es ist
nur nicht ganz billig. Gemessen
am Bruttoinlandsprodukt sind
wir im Spitzenfeld in Europa. Es
ist aber schon eine Aufgabe der
Politik, ob man es weiter finan-
zieren und natürlich verbessern
kann. Die Maßnahmen, die wir
jetzt setzen, bauen auf einem
dualen Finanzierungssystem auf
(Anmerkung der Red.: Die Fi-
nanzierung des Spitalsbereichs
erfolgt durch das Land, jene des
niedergelassenen Bereichs durch
die Sozialversicherungen) das
wir allerdings nicht existent ha-
ben. Es wird der erste Schritt,
das Reduzieren der Spitäler, zu
schnell angegangen. Im nieder-
gelassenen Bereich hapert´s.“
Landesrat
Christopher Drexler:
„Zum einen teile ich die Analyse
von Primarius Bauer, vor allem
wenn er sagt, das Gesundheits-
system in Österreich ist nicht
krank, aber teuer. Wir dürfen
aber nicht stehenbleiben.
Es verändern sich Rahmenbe-
dingungen, auf die wir reagieren
müssen. Und wenn sich diese
ändern, müssen wir auch an
Stellschrauben des Systems dre-
hen“. Die „duale Finanzierung“
verspricht Drexler in die aktu-
ellen Regierungsverhandlungen
punkto Sozialversicherung ein-
zubringen. Konkret: „Ich glaube,
die Analyse greift zu kurz, dass
allfällige Probleme aus der dua-
len Finanzierung alleine stam-
men. Dann müssten im Umkehr-
schluss Systeme, die aus einer
Hand finanziert sind (Beispiel
England), überzeugendere Qua-
lität abliefern“.
Krankenkassen
profitieren
Im niedergelassenen Bereich
sieht Primar Bauer das große
Problem bei den Krankenkassen
und ihrem Finanzierungssystem
sowie dem gedeckelten System
im stationären Bereich, das sei-
ner Meinung nach kontrapro-
duktiv ist. „Davon profitieren
die Krankenkassen, weil sie viele
Leistungen aus dem niederge-
lassenen Bereich bewusst oder
unbewusst in den Spitalsbereich
verschieben.
Das gehört geändert“. Vor al-
lem, wenn man weiß: Die neuen
drei Gesundheitszentren in der
Steiermark haben unterschied-
liche Finanzierungssysteme –
leider unausgereifte.
„Stimmt“, Gesundheits-Landes-
rat Christopher Drexler: „Das
sind Pilotprojekte, die auch noch
nicht die Basis des Primärversor-
gungsgesetzes hatten“.
Wie krank
ist
unser Gesundheitssystem?
Es stimmt schon: Wir jammern oft auf hohem Niveau. Wie aber ist es wirklich um
unser aller Wohlergehen bestellt? Drei renommierte Ärzte im Diskurs mit dem Gesundheitslandesrat.
Von der Zweiklassen-Medizin bis zu Spar- statt Krankenkassen.
Die
Zwei-Klassen-Medizin
ist Realität,
nur keiner will’s
laut sagen!
Foto: Soeren Stache