echtLife 3 2019
Seite 54 | September 2019 | echt Life Steiermarks „Mr. Handball“ küsste als Sport- koordinator „seinen“ Sport wieder wach… Didi mit dem Handball-„Hammer“ Seit 95 Jahren wird in Österreich Handball gespielt. Als Art Stiefkind des Fußballs. Einst noch am großen Spielfeld wie Fußball, wurde der Handball seit Ende der 60er aufs Klein- feld – und in die Hallen „verbannt“. Dabei ist Handball ein rassiger, schneller und oft här- terer Sport als Fußball. Und Didi Peißl war der Härtesten einer. Er schonte keinen Geg- ner, auch nicht sich selbst. Zurückgebliebene Entstellungen der Finger seiner Wurfhand machen es heute noch deutlich. Der 120 km/h-„Hammer“ Vorbei die Leiden, wenn er heute lächelnd sagt: „In meinen 21 aktiven Jahren, 8 davon auch im Nationalteam, hatte ich 27 schwere Verletzungen, darunter 5 Knöchelbrüche. Darum habe ich es auf „nur“ 99 Länderspiele und 339 Tore gebracht…“. Schwester Nicole Peißl-Prokop, in Diensten des legendären Se- rien-Meisterteams von Hypo-NÖ, hat ihn mit mehr als 150 Nationalteam-Einsätzen weit überflügelt. Auch deren drei Kinder spielen Handball, Sohn Gunnar jun. ist bereits im Teamkader. Mit 99 Einsätzen ist Didi bis dato steirischer Handball-Rekord-Internationaler. Ohne die- se vielen Verletzungen wären sich für ihn vermutlich an die 250 Nationalspiele ausge- gangen. Klar, der 1,95 m „hohe“ Hüne war mit seinen 100 kg stets von Gegnern umringt – und geblockt bis zum Umfallen. Im linken Rückraum spielte er auf der „Königsposition“ und im Angriff war sein „Hammer“ für jeden Gegner eine permanente Gefahr. „120 km/h Ballgeschwindigkeit hat man mir gemes- sen – ziemlich gleich viel wie die schärfsten Schüsse der Kicker“. Dass er mit dieser Wucht bei der Junioren-WM in Spanien einem Tor- mann die Hand an den Pfosten „genagelt“ hat ist Fact – „der tat mir damals leid“. Junioren-Europameister am Eis „Klein“-Didi ist schon früh ein Großer ge- wesen. Auf dem „Nebenschauplatz“ Eisstock- schießen. Ab dem Kindesalter assistierte er Vater und Vize-Europameister Gerald Peißl beim Weitschießen: Didi durfte den Stock zurückschießen, brauchte aber stets zwei Schüsse, was der Vater mit einem schaffte. Mit 15 trat Kraftlackel Didi dann selbst bei der Junioren-Europameisterschaft in Tarasp im Schweizer Graubünden an und wurde mit einer Weite von 201 m – Junioren-Europa- meister. Didi Peißl personifiziert den Handball im Lande wie kein anderer. Mit dem Bau der Sporthalle Bärnbach 1977 hat der 9-Jährige mit dem Handball begonnen. Mit 18 spiel- te er in Italien sein erstes Länderspiel, 1992 wurde er mit dem Nationalteam Vize-Euro- pameister der B-Gruppe – damals noch im „Eisbunker“ von Graz-Liebenau. In der Bun- desliga spielte er für Bärnbach, später beim Fusionsclub Bärnbach/Köflach, holte dort 2000 den letzten österreichischen Meistertitel in die Steiermark. Zuvor gewann er 1990 mit Waagner-Biro Graz den 6. Meistertitel. Landessport-Koordinator dank Voves Am Handball-Parkett war Didi (Dietmar heißt er nur den Dokumenten nach) Peißl eine Wucht. Im direkten Gespräch ist er ein ruhiger, sympathisch-legerer Zeitgenosse, ein besonnener Mensch. Sein zweites Ich ist der Manager Peißl. Neben dem harten Sport erfolgreich in der Versicherungs-Wirtschaft, bis noch vor sieben Jahren Vertriebschef der Merkur. Seine dortige Begegnung mit dem „Sportskollegen“ und späteren LH Franz Vo- ves brachte ihn auf seine heutige Laufbahn als steirischer Landessport-Koordinator, nicht nur für Handball. Peißl ist bekannt als Mann mit Ideen und Vi- sionen. Mit dem primären Ziel, Kinder und Jugendliche für den Handballsport zu be- geistern. „In Deutschland ist Handball längst die Nummer 2-Sportart nach dem Fußball, warum nicht auch bei uns?“. Derzeit hat die Steiermark insgesamt (Männer und Frauen) 6 Teams in der 1. und 2. Liga in Graz, Bärn- bach-Köflach, Trofaiach, Leoben. „Ein Auf- wärts-Trend ist seit einigen Jahren deutlich erkennbar. Das erreichen wir aber nur, indem wir unseren rasanten und attraktiven Sport noch deutlicher ins Blickfeld der Öffentlich- keit rücken“. Meisterstück mit THW Kiel Internationale Großclubs zu Trainingslagern in die Steiermark zu lotsen ist eines von Peißls „Rezepten“. So war heuer bereits zum sieben- ten Mal der deutsche Spitzenverein Solinger/ Wuppertal im „Lipizzanerland“ und in der Therme Köflach. Doch an seinem bisherigen „Meisterstück“ arbeitete er ganze drei Jahre, „dafür bin ich mir die Füße wundgelaufen“. In diesem August war es dann soweit: mit dem THW Kiel war der 7-fache Champions League-Sieger im Sportzentrum Hüttenbren- nergasse zu Gast vor tausenden begeisterten Zusehern. Kiel, die Crème de la Crème im Welthandball, gespickt mit Teamkapitänen von fünf National-Teams, Österreichs Niko Bilyk inklusive. Die Medienresonanz war enorm, der ORF berichtete ausführlich, die Kieler Nachrich- ten hatten eigene Reporter nach Graz mitge- bracht, 4,6 Millionen Interaktionen waren der messbare Erfolg. „Ein unbezahlbarer Wer- beeffekt für Graz“, sagt Didi mit Stolz. Und wie reagierte das eher Handball-verschlafene Graz auf diese Sensation? „Mittlerweile hat man den Handball und den Wert dieses Highlights auch im offiziellen Graz wahrgenommen…“. Sportlerdynastien sind selten. In der Steiermark gibt es eine wie keine zweite: die Peißls. Ihr Name prägte den Handball-Sport: Didi (51) ist Rekordinternationaler, Vater und Schwester waren Nationalspieler, sein Neffe ist´s auch. Hart, härter, Peißl (blaues Trikot) beim Torwurf gegen China bei der WM 1992 Stets von zwei Gegnern „bearbeitet“: So kam Didi Peißl (re.) zu 27 Verletzungen Kapitän Peißl mit der 6. seiner 7 Meisterschalen – für Waagner-Biro Graz
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