echtLife März 2020

Seite 16 | März 2020 | echt Life Der Gratwein-Straßengler Josef Harb, gelern- ter Maschinenbautechniker, war von Anfang 2018 bis Ende 2019 Obmann der Steiermär- kischen Gebietskrankenkasse. Mit der Zu- sammenlegung der neun Länderkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse mutierte der für seine Gesprächs- und Kompromiss- bereitschaft über Fraktionsgrenzen hinaus bekannte Politiker zu einem der österreich- weit schärfsten Kritiker der Kassenfusion in der vorliegenden Ausprägung. Wir sprachen mit ihm abseits der tagespolitischen Diskussi- onen über das prognostizierte 1,7 Milliarden Euro schwere Defizit der ÖGK bis 2024 und die politische Umfärbung der Gebietskran- kenkassen sowie über seine Erfahrungen als Kassenobmann. echtLife: Herr, Harb, wie würden Sie Ihre Erfahrungen als Obmann der GKK im Rückblick zusammenfassen? Sepp Harb: Ich war positiv überrascht, wie wieviel wir in diesen zwei Jahren weiter- gebracht haben. Ich denke da an die un- terschiedlichsten Modelle, um Primärver- sorgungszentren ins Laufen zu bringen, Vorsorgeprogramme wie die Sturzprophylaxe oder viele Maßnahmen, um in ländlichen Re- gionen neue Möglichkeiten für Kassenärzte zu schaffen, etwa Teilzeitlösungen, Jobsha- ring-Modelle und Anschubfinanzierungen. echtLife: Was ist so schlecht daran, mit ei- ner Fusion der Gebietskrankenkassen für schlanke und effizientere Strukturen zu sorgen? Josef Harb: Weil diese Fusion genau das Ge- genteil von „schlanken und effiziente Struk- turen“ gebracht hat und genau all diese Bei- spiele jetzt nicht mehr möglich sind. Für die Versorgung der Bevölkerung geht es nämlich gar nicht um die Strukturen innerhalb der Sozialversicherung, sondern um die Frage, ob das Gesundheitssystem in Österreich die Kassenschluss Warum die Gründung der Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) aus seiner Sicht ein großer Schritt in die falsche Richtung ist, erläutert Josef Harb, Ex-Obmann der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse , im Gespräch. Bedürfnisse der Menschen erkennt und mit evidenzbasierten Gesundheitsversorgungs- angeboten befriedigen kann. Grundsätzlich ist die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher regi- onal organisiert und überwiegend Ländersa- che: Die Steiermärkische Gebietskrankenkas- se ist, oder vielmehr war, ein durchaus großes Zahnrad im Zusammenwirken mit dem Ge- sundheitsressort der steiermärkischen Lan- desregierung und deren Krankenanstalten, der Ärzte- und der Wirtschaftskammer Stei- ermark und verschiedenen anderen Vereinen und Organisationen. Das ist das „Wir“, das viel weitergebracht hat. Gemeinsam konnte man sich zusammensetzen, für das Land oder für kleinere Regionen individuelle Konzepte erarbeiten und auch umsetzen. Jetzt ist alles gelähmt, weil dieses große „bundesweite“ Zahnrad ÖGK - mangels entsprechender bundesweiter Ansprechpartner - sehr iso- liert im Raum steht und sich noch dazu nur träge von der Zentrale aus dreht. Damit sind Lösungen, die auf regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen, unmöglich geworden. Die sogenannte „schlanke Struktur“ lässt das nicht mehr zu. echtLife: Kommen wir auf die Region GU- Nord zu sprechen. Sie haben im Novem- ber 2019 im Rahmen einer Vorstellung des Facharztzentrums Hörgas eine Kassenstelle für einen orthopädischen Facharzt in Aus- sicht gestellt. Wann ist mit einer Umset- zung zu rechnen? Josef Harb: … tatsächlich hätte ich mir nicht nur einen Orthopäden, sondern auch eine Kassenstelle für einen Hautarzt gewünscht. Dazu muss man wissen, dass die Anzahl von Kassenstellen im „regionalen Strukturplan Gesundheit“ festgeschrieben ist. In diesem Plan sind diese beiden Kassenstellen nicht vorgesehen. Aber im Zusammenspiel von Fotos: © Josef Harb Andreas Braunendal Werbung

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