echtLife März 2020

Seite 20 | März 2020 | echt Life Die Not mit dem Personal Fachkräftemangel, Pflegekräftemangel, Gastro-Personalmangel, Lehrermangel: Starke Geburtenjahrgänge gehen in Pension, die nachkommenden Jahrgänge huldigen der Work-Life-Balance. Wer also etwas braucht, das weder Online-Shops noch Einkaufszentren anbieten können, hat es immer schwerer. Andreas Braunendal sieht darin nicht nur Negatives, sondern auch neue Chancen – wenigstens für einige. „Guten Tag, Firma Gold & Luxus, Ihr Dienst- leister für alle Fälle, was kann ich für Sie tun?“ „Ich wollte meine Gattin morgen Abend zum Essen ausführen. Aber der Wirt sagt, wir müssten uns einen eigenen Kellner mitbrin- gen. Hätten Sie da was?“ „Oh. Kellner sind knapp, morgen Abend ist wirklich unmöglich. Der einzige freie Termin diese Woche wäre übermorgen vormittags.“ „Käme der Kellner ist das Gasthaus unserer Wahl?“ „Nein, unmöglich. Zu diesem Termin ser- viert er in einer albanischen Pizzeria, tutto originale! Aber da bedient er erst zwei Tische und zu einem dritten könnten wir ihn schon überreden.“ „Pizza? Eigentlich wollten wir fein essen ge- hen, aber das wäre sowohl sowieso zu teuer gewesen.“ „Ist doch super! Darf ich das fix buchen?“ „Ich müsste also meine Frau nicht zum Abend-, sondern zumMittagessen einladen?“ „… eher ein Frühstück oder Brunch. Ist das ein Problem für Sie?“ „Nun, übermorgen vormittag habe ich sogar drei Probleme. Erstens hat übermorgen vor- mittags die 2,4-Stunden-Pflege meines de- menzkranken Onkels frei. Hätten Sie zufällig auch eine Pflegekraft zu dieser Zeit?“ „Sie haben Glück. Wir haben da eine De- menzgruppe, die wir übermorgen vormittags für ein paar Stunden in eine leere Schulklasse stecken. Der Lehrermangel hat ja auch sei- ne guten Seiten. Und die Dementen mögen das gerne. Die Kindheitserinnerungen, sie wissen schon. Aber unsere gelernte Pflege- fachkraft besteht darauf, dass eine Begleitung mitkommt. Weil wenn der Onkel etwas um- schüttet, sich den Papierkorb aufsetzt oder so, das macht die Fachkraft dann natürlich nicht. Das kann ruhig auch ein Kind sein. Haben Sie eines? Das ist ja dann wenigstens auch in der Schule.“ „Ja, das klingt machbar. Das nächste Problem wäre: Am Vormittag sollte ich selbst arbeiten, wissen Sie, ich bin Installateur.“ „Was? Sie sind Installateur! Da können Sie sich die Arbeitszeit doch wirklich selbst aus- suchen! Wollen Sie nicht für uns arbeiten? Wir vermitteln auch Handwerker. Und na- türlich koordinieren wir jeden Arbeitseinsatz gerne mit Ihren Privatterminen. Das Früh- stück mit ihrer Frau wäre also kein Problem.“ „Wieviel bezahlen Sie in der Stunde?“ „Also übertreiben wollen wir es nicht. Hand- werksarbeit muss schon noch leistbar bleiben für unsere Kunden. Mehr als 250 Euro sind sicher nicht drin.“ „Schwarz oder auf Rechnung?“ „Also ein bissl müssen wir den Staat schon le- ben lassen. Sagen wir 100,- für die Steuer und die 150 könnten wir ja beim Honorar für den Kellner gegenrechnen.“ „Dann wären wir ja handelseinig. Zumindest beinahe.“ „Wir haben den Kellner, die Betreuung für den demenzkranken Onkel, ihr Kind kommt in die Schule und Sie haben einen neuen Job. Was wollen Sie noch?“ „Ist doch klar. Meine Frau muss schließlich auch mit. Leider arbeitet auch sie, als Lehre- rin.“ „Ich habe eine Idee, aber die bleibt unter uns. Wollten sie nicht ursprünglichmorgen Abend essen gehen? Da hätte Ihre Frau demnach Zeit. Glauben Sie, Ihre Frau könnte meinem Sohn für zwei Stunden Nachhilfe geben?“ „Das kommt jetzt auf Ihren Vorschlag an …“ „Ich habe da so Verbindungen in die Sozial- versicherung. Wissen Sie, diese FH-Studen- tinnen dort müssen wirklich etwas dazuver- dienen, bei diesem Gehalt. Vom Titel alleine kann man sich ja nichts leisten. Ich organisie- re einfach eine Kurbewilligung für Ihre Frau, und schon können Sie gemeinsam essen ge- hen!“ Werbung

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