echtLife März 2020

echt Life | März 2020 | Seite 39 Klientin: „Ich habe alles gemacht – Home- page, Visitenkarte, Werbung – aber ich habe viel zu wenige Beratungsstunden, um davon leben zu können. So werde ich meinen jetzi- gen Job nie aufgeben können. Ich weiß nicht mehr weiter, obwohl ich ständig darüber nachdenke, warum ich nicht mehr Kunden habe“. Die Frage „Warum habe ich keine oder zu wenige Kunden?“ löst in meiner Klientin ziemlich sicher eine Rechtfertigungslawine aus, zuerst im Innen: „Weil ich noch zu weni- ge Zusatzausbildungen habe“, „Weil ich noch nicht gut genug bin“, dann im Außen: „Weil ich eine schlechte Homepage habe“, „Weil ich im Internet nicht gefunden werde“, „Weil vor meiner Praxis keine Parkplätze sind“. Ich frage meine Klientin, ob sie eine Aufstel- lung auf dem Systembrett machen möchte. Die Aufstellung auf dem Brett ist eine seit 40 Jahren bewährte und sehr effektive Methode der Kurzzeitberatung. Meine Klientin stellt also das Problem (zu wenig Kunden) und die dazugehörigen Elemente auf. Das Problem ist ein sehr großer Brocken und sitzt meiner Klientin im Nacken. Wir gehen mögliche Änderungen bei den anderen Ele- menten durch. Änderungen würden zusätz- lich Zeit und Geld kosten, sind aber trotzdem keine Garantie für mehr Kunden. Bisher sind wir noch immer beim Problem. Wir suchen aber eine Lösung. Wofür soll das gut sein? Schwarz: „Überlegen sie bitte, wieviel Zeit- aufwand das insgesamt ist. Familie, Haupt- beruf, viel mehr Kunden als jetzt“. Meine Klientin überlegt sehr, sehr lange. Klientin: „Das geht sich zeitlich ja nie aus. Da habe ich nur mehr Stress, mehr noch als jetzt“. Schwarz: „Ich bitte Sie jetzt zu überlegen, ob es an dem Problem auch etwas Gutes gibt. Was könnte dieser Stein noch bedeu- ten? Wofür kann es gut sein, wenig Kunden zu haben?“ Diese Frage löst im ersten Moment bei den meisten meiner KlientInnen Verwunderung aus. Was soll an einem Problem schon positiv sein? Die Frage ist eine Einladung, den Blick- winkel zu wechseln. Schwarz: „Wie wäre es, wenn sie den Stein durch einen anderen ersetzen oder woan- ders hinlegen?“ Nach einigemÜberlegen tauscht sie den Stein für das Problem gegen einen kleineren, helle- ren aus und ändert auch die Position. Schwarz: „Hat sich für sie jetzt etwas ver- ändert?“. Klientin: „Ja, irgendwie ist mir jetzt leichter, aber ich weiß nicht warum“. Schwarz: „Wenn sie dem Stein nun einen anderen Namen geben, statt Problem ein anderes Wort. Ändert sich dann etwas?“ Sie überlegt und geht ein paar Mal um das Brett herum. Klientin: „Ich glaube, ich habe etwas erkannt. Das ist ja gar kein Problem! Das ist ein Schutz, damit mich der Stress nicht auffrisst. So habe ich das noch nie gesehen. Ich nenne ihn jetzt meinen Schutz – nein, meinen Wächter. Mein Wächter passt auf, dass ich halbwegs in der Balance bleibe und mich nicht überlaste, mehr Geduld habe bei der Entwicklung mei- nes Coaching-Geschäfts“. Statt der Frage „Warum?“ die Frage „Wofür kann das gut sein?“ zu stellen, kann oft schon der erste Schritt zur Lösung oder sogar die Lösung selbst sein. Ich gebe meiner Klientin den Stein mit, als Erinnerung daran, was sie erkannt hat. Eine „Aufstellung“ kann helfen, neue Sichtweisen auf scheinbar unlösbare Probleme zu entwickeln. Hierr ein Beispiel aus der Praxis: Die Klientin, die zur Beratung gekommen ist, hat zwei Kinder, ist verheiratet, hat einen 38-Stunden-Job. Den Job möchte sie mit- telfristig aufgeben und sie hat eine Ausbildung zum Personal Coach gemacht, um sich ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Seit neun Monaten hat sie einen Gewer- beschein, aber noch immer fast keine Kunden. 1 = Klientin, 2 = Problem, 3 = Praxisadresse, 4 = Werbung, 5 = Zusatzausbildungen, 6 = Homepage Mag. Volker Schwarz | Paarberatung | Beziehungs-Einzelcoaching | Systemische Aufstellungen Tel. +43 680/322 11 33 | web: www.volker-schwarz.at Werbung Volker Schwarz

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