Seite 58 | November 2017 |
echt L i fe
In Semriach soundso, im ganzen Bezirk
Graz-Umgebung und längst auch in der Stei-
ermark und ihn Kärnten kennen ihn fast alle,
die mit Tieren zu tun haben: Martin Gruber,
Veterinärmediziner und treibende Kraft der
„Denkfabrik der Tierärzte“. Seine Koopera-
tion mit der UNI-Graz trägt bereits Früchte.
Das Natur-„Labor“: die Landwirtschaftsschu-
le Grottenhof-Hardt in der Gratwein-Nach-
bargemeinde Thal. Das UNI-Projekt: Studie-
rende haben in einem Lehrgang ein Jahr lang
das Verhalten der Rinder beobachtet und die
Daten ihres Verhaltens festgehalten.
„Überfressen“ vor Schneefall
Die gesammelten Daten – vom Geh- und
Liegeverhalten bis zur Kauschläge-Frequenz
der Tiere – von Gerhard Grossmann, dem
Pionier der medizinisch-soziologischen Not-
fall- und Katastrophenforschung liefern nun
die veterinärmedizinische Grundlage für die
im Oktober neu gestartete Forschungsgruppe
unter Martin Gruber zum Thema „Tierver-
halten als mögliche Vorwarn-Indikatoren“. So
ist erwiesen und belegt, dass etwa vor einem
Semriacher Tierarzt
forscht mit UNI
Rindvieher im Dienst der Menschen und „Assistenten“ im vorzeitigen Erkennen von Naturereignissen. Martin Gruber, Tierarzt in
Semriach, ist Vordenker neuer Systeme, Katastrophenforscher Gerhard Grossmann Beweissicherer mit den Studenten.
ersten Schneefall Rinder in höheren Lagen
diesen ankündigen, indem sie zwei Tage vor-
her beginnen sich zu „überfressen“ beginnen
und Futter bis zum Drei- bis Vierfachen des
Normalen zu sich zu nehmen.
Weiters ist erwiesen, dass Hufentiere, spe-
ziell Rinder, im Fall von Erdrutschgefahr
diese „markieren“, indem sie Stunden vor
einer Hangrutschung, etwa nach Starkregen
oder vor Erdbeben, die gefährdeten Bereiche
verlassen und oft in unwegsames Gelände
flüchten – und sich vor dem nachfolgenden
Ereignis in Sicherheit bringen. Auch ist nun
nachgewiesen, dass eine Kalbin im Schnitt
682 Weide-Kilometer (etwa Graz–Triest und
retour) im Sommer geht oder die Wirbelge-
schwindigkeit eines Ochsenschwanz-Schla-
ges (zur Fliegenabwehr) bis zu 182 km schnell
ist.
„Napoleon“ gerettet
Als ein konkretes Beispiel der Projekt-Arbeit
des letzten Jahres gilt die Früherkennung an-
hand von einer Art GPS-Ortung untypischer
Verhaltensweisen eines Stieres nahe Semriach
durch Tierarzt Gruber. Nach seiner tierärztli-
chen Erstintervention über-
stellte Gruber den mehr als
eine Tonne schweren Jungs-
tier zur Beobachtungsherde
der UNI nach Grottenhof.
„Napoleon“, so der Jungstier
nach seiner dortigen Taufe,
ist mittlerweile wohlauf und
ein glückliches Weidetier.
Aus der gemeinsamen For-
mel „Tierschutz ist Men-
schenschutz und Umwelt-
schutz“ ist der nächste Schritt von Gruber
und Grossmann die Erarbeitung einer Art
„Vitalparameter“ für Rinder. „Das ist nun der
Punkt, wo auch die Lebensmittel-Sicherheit
zum Thema wird“, sagt Gruber. Das bedeutet
in erster Linie, dass die Sicherung der einzel-
nen Tierdaten neu zu überdenken ist. Was
im Idealfall heißt: Jedes Tier muss von der
Geburt bis zur Schlachtung und seinem na-
türlichen Ableben alle Daten bei sich tragen.
Die bisher übliche „Ohrmarke“ ist ein leider
untaugliches Mittel, wie der Mikro-Chip, oder
der im Test laufende „Pansen-Belus“, ein im
Pansen-Magen eingesetzter „Daten-Zylinder“.
Für sichere Lebensmittel
GEO-Daten und Lebensmittel-Sicherheit für
das Fleisch auf unseren Speisetellern – dar-
auf konzentrieren sich nun Gruber & Gross-
mann – die Denkfabrik der Tierärzte und die
UNI-Graz. Mit einem neu installierten For-
schungs-Projektteam soll mitsamt neuester
technischer Möglichkeiten ein Non-plus-
Ultra an Machbarkeit entwickelt und in
Folge als Pilot-Projekt mit Studierenden in
eine Testphase gebracht werden. Möge die
Übung gelingen …
Prof. Grossmann: „Rinder-Ohrmarken“
und Mikrochips sind fehleranfällig
Tierarzt Martin Gruber erarbeitet mit den Studierenden
neue Projektaufgaben
Gemeinsame Sache: Prof.
Grossmann (li), Tierarzt Gruber
Erich
Cagran